Biodiversität: Paradiesische Vielfalt

Naturparadies 1: So lautet die Adresse der Firma Primavera in Oy-Mittelberg, und das völlig zu Recht. Eingebettet in die malerische Landschaft des Allgäus hat der Hersteller naturreiner ätherischer Öle und zertifizierter Naturkosmetik einen besonderen Garten geschaffen, wo sich Flora und Fauna in ihrer ganzen Pracht und Fülle entfalten.
Ungezählte Rosen in allen Weiß- und Rotschattierungen, üppig blühende Stauden, Kräuter in den unterschiedlichsten Grüntönen, blauer Lavendel, der die geschwungenen Wege begleitet, Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, die von Blüte zu Blüte fliegen, Teiche mit Seerosen und Fröschen, prachtvolle Libellen, die über dem Wasser auf Insektenjagd gehen, eine Wiese mit Wildblumen und hohen, sich im Wind wiegenden Gräsern, Steinmauern, auf denen sich Zauneidechsen sonnen, eine dichte Hecke aus den unterschiedlichsten Sträuchern ... Schon auf den ersten Blick und erst recht auf den zweiten wird der Besucherin klar, dieser Garten ist etwas ganz Besonderes – weit mehr als ein großzügiger Ziergarten, der die Sinne mit seiner duftenden Blütenpracht erfreut und die Besucher zum entspannten Herumwandeln und Verweilen einlädt. Er ist ein Hort der Biodiversität und punktet mit einer Artenvielfalt, die ihresgleichen sucht. „Auf dem nicht ganz fünf Hektar großen Gelände gedeihen und leben mehr als 1100 unterschiedliche Arten“, erklärt Dr. Michael Schneider voller Stolz.
Der Diplom-Biologe und Biodiversitätsexperte lässt den Blick über den Rosen- und Heilkräutergarten schweifen, der das Firmengebäude von Primavera in Oy-Mittelberg im Allgäu umgibt. Dr. Schneider ist Nachhaltigkeitsmanager beim Hersteller hochwertiger Aromatherapie- und Naturkosmetikprodukte und berichtet: „Auf unserer aktuellen Bestandsliste stehen 350 Wildpflanzen und 340 Zierpflanzen sowie 350 Tierarten, darunter 220 Insektenarten, 45 Vogelarten und fünf Fledermausarten, dazu 42 Pilzarten – und es werden immer mehr.“ Viele der Tier- und Pflanzenarten sind selten und geschützt und vom Aussterben bedroht.
Rosen, Stauden, Wildkräuter und Feuchtbiotope: Ein garten mit Alpenpanorama als NaturParadies für mehr als tausend Tier- und Pflanzenarten.

Wie alles begann
„Bevor das Naturparadies angelegt wurde, war all das hier eine typische Allgäuer Wirtschaftswiese“, erzählt Dr. Schneider beim Gang durch den Garten und zeigt dabei auf die sattgrünen Flächen der Umgebung. „Sie war überdüngt und ziemlich artenarm, wurde viermal im Jahr gemäht und diente Kühen als Weide.“ Das änderte sich 2009 mit dem Neubau des Firmengebäudes. Der gesamte Erdaushub, der dabei anfiel, verblieb auf dem Gelände und wurde genutzt, um den Garten zu gestalten. Gebäude und Gelände sollten sich harmonisch in die geschwungenen Hügel der Allgäuer Landschaft einfügen und so die nachhaltige Philosophie von Primavera sichtbar machen. „Der achtsame und verantwortungsvolle Umgang mit Mensch, Natur und Umwelt ist die Basis für all unsere Entscheidungen“, so der Primavera-Mitgründer Kurt L. Nübling über den ersten Leitsatz der Unternehmensphilosophie.
Der Bio-Pionier Primavera wurde 1986 gegründet, um mit naturreinen Pflanzenkräften die Lebensqualität und Lebensfreude der Menschen zu stärken. Eine Vision, die Nübling bis heute mit der Mitgründerin und -eigentümerin Ute Leube teilt. Die Vision einer harmonischen Symbiose aus Naturschönheit und ökologischem Nutzen prägte folglich auch die gesamte Außengestaltung, zu der unter anderem Teiche, Hecken und Mauern gehören. „Mit dem Erdaushub haben wir die Geländeoberfläche vergrößert und bepflanzt, sodass wir der Natur mehr Lebensräume und Vielfalt zurückgeben konnten, als vor der Bebauung vorhanden war.“ Bepflanzt wurde der neu angelegte Garten mit knapp 110 000 Heil- und Aromapflanzen, darunter mehr als 800 Rosen-
sorten. Seither haben sich viele Wildpflanzen und Tiere von selbst in dem Garten mit seinen naturgemäß gestalteten Lebensräumen angesiedelt.
Die vier Ebenen der Biodiversität
Die Gesamtheit der biologischen Vielfalt des Lebens auf der Erde lässt sich mit Hilfe von vier Organisationsebenen beschreiben. Sie sind wichtig, um Biodiversität ganzheitlich zu verstehen und wirksam zu schützen:
- Genetische Vielfalt: Sie bezieht sich auf Unterschiede im Erbgut innerhalb einer Art. Ein Beispiel dafür sind die 800 Rosensorten auf dem Primavera-Gelände.
- Artenvielfalt: Das ist die Vielfalt an Tier-, Pflanzen- und Pilzarten – von den größten Tieren bis zu Insekten und Mikroorganismen, vom Baum über Zier- und Nutzpflanzen bis zum kleinsten Moosgewächs.
- Vielfalt der Lebensräume: Darunter sind unterschiedliche Lebensräume wie Wälder, Meere, Wüsten oder Korallenriffe und deren komplexes Zusammenspiel zu verstehen. Im Naturparadies wird dies repräsentiert von Wiesen, Teichen, Kiesflächen, Natursteinmauern und Blumenbeeten. Auch das Prinzip der Permakultur fand Eingang.
- Vielfalt der ökologischen Funktionen: Hierbei geht es um die Vielfalt der „Ökosystemleistungen“ wie Bestäubung, Samenverbreitung, Bodenbildung, Bereitstellung von sauberer Luft und Wasser.
Artenvielfalt bedeutet Leben
Die Artenvielfalt zu erhalten und ihren Rückgang aufzuhalten, ist buchstäblich lebensnotwendig, denn Biodiversität ist die Grundlage des Lebens. So entwickeln beispielsweise viele Pflanzen nur dann Früchte, wenn ihre Blüten von Insekten bestäubt wurden. Die Bodenfruchtbarkeit, unerlässliche Voraussetzung jeder Landwirtschaft, braucht eine vielfältige Bodenfauna, und auch die Fähigkeit von Ökosystemen, Wasser zu reinigen und Kohlendioxid zu speichern, hängt stark von ihrer Lebensvielfalt ab. Je höher diese ist, desto besser ist die Widerstandskraft von Ökosystemen gegenüber Umwelteinflüssen wie dem Klimawandel oder Extremwetterereignissen. Auch die Gesundheit und das Wohlbefinden jedes einzelnen Menschen verbessern sich in einer naturnahen, artenreichen Umgebung. Das zeigen diverse Studien. Sie belegen, dass sich Menschen in einer vielfältigen grünen Umgebung wohler fühlen als in eintönigen Parks mit nur wenigen Pflanzenarten. Der Aufenthalt im artenreichen Grün reduziert Stress, senkt den Blutdruck und ist gut für die Psyche. Zudem wird Natur als besonders schön, inspirierend und erholsam empfunden, wenn sie vielfältig und lebendig ist. Biodiversität zu schützen, heißt deshalb also auch, das eigene Wohlbefinden und das kommender Generationen zu sichern.
Das nach dem Prinzip des Feng Shui gestaltete Naturparadies von Primavera (mehr zu „Feng Shui im Garten“ siehe Kasten, Seite 47) bietet mit sieben Naturteichen, einer Wiese, Hecken, Steinmauern, Brachflächen, Wegen und Schuttfluren sowie einem Komposthaufen vielfältige Lebensräume, auf denen sich seine große Artenvielfalt entwickeln kann.
„Der Garten ist wie ein ‚Trittstein‘, von dem aus sich die Natur in ihrer ganzen Vielfalt immer weiter ausbreitet“, so erläutert Dr. Michael Schneider die Bedeutung des von ihm betreuten Geländes. „Aber es bräuchte noch viel mehr solche Inseln der Biodiversität, idealerweise verbunden durch naturnahe Korridore beispielsweise entlang von Bächen und Gewässern.“ Sie müssen nicht groß sein, schon einige wenige Quadratmeter im eigenen privaten Garten können genügen. „Wenn man der Natur Platz lässt und die richtigen Bedingungen schafft, muss man nicht viel für die Besiedelung durch Pflanzen und Tiere tun. Das geht dann von ganz allein“, so die Erfahrung des Experten.

Die Natur zulassen
Mit welcher Kraft und Ausbreitungsfreude die Natur selbst vermeintlich unwirtliche Stellen „erobert“, zeigt mir der Biologe beim Gang durch den Garten. „Schauen Sie mal hier“, sagt er, als wir einen mit weißem Kies bedeckten Platz betreten, und deutet auf unscheinbare, niedrige Pflanzen zwischen den Steinen. „Das ist die Steinbrech-Felsennelke, eine Pionierpflanze, die nur auf solchen mageren, nährstoffarmen Untergründen gedeiht.“ Sie kam wohl aus dem Steinbruch zusammen mit den Steinen auf das Gelände. Lässt man sie gewähren und rupft sie nicht als vermeintliches Unkraut aus, bildet sie nach einigen Jahren Kiesfläche kleine Polster. Das funktioniert aber nur, wenn sie nach unten durchlässig ist. In den zu Recht verpönten Schottergärten vor Einfamilien- und Reihenhäusern funktioniert das deshalb meist nicht. „Unter dem Schotter ist dort in der Regel eine dicke Plastikfolie, die keinerlei Wachstum zulässt“, erklärt Dr. Schneider. Wer eine Kiesfläche anlegt, die sich selbst begrünen soll, muss deshalb auf eine solche Trennschicht verzichten.
„Ein anderes Beispiel, wie man im Naturparadies eine artenarme Fläche aufgewertet hat, ist diese Wiese“, sagt er und deutet auf einen Bereich neben einem der vielen Teiche. „Hier haben wir festgestellt, dass einige wenige Arten überhandnahmen, und deshalb einen ‚Mahdgutübertrag‘ gemacht, also Schnittgut von einer artenreichen Wiese auf der Empfängerfläche ausgebracht.“ Die Mahd stammte von einer extensiv bewirtschafteten Wiese in der Nachbarschaft, die gemäht wurde, als viele Pflanzen Samen trugen. Das Schnittgut hat man dann auf der durch Fräsen vorbereiteten Wiese verteilt. So konnten die darin enthaltenen Samen auf der neuen Fläche besser auskeimen. Der Vorteil eines solchen Mahdgutübertrags: Er nutzt natürliche Samenquellen und fördert die Artenvielfalt von heimischen, oft gefährdeten Wiesenpflanzen wie Margerite, Wiesen-Salbei oder Glockenblumen. Das ist ökologischer und zudem günstiger als zertifiziertes Saatgut.
Ohne Tiere keine Biodiversität – auch das merkt man im Naturparadies an jeder Stelle. Mauern aus Steinen sind Lebensraum für wärmeliebende Eidechsen, die wiederum von den Insekten profitieren, die in und auf der Erde leben und durch die Luft schwirren. Angelockt von der Vielfalt der Blühpflanzen finden Honigbienen, Hummeln und andere Wildbienen hier fast das ganze Jahr über Futter. „Wir haben bei der Auswahl der Blühpflanzen darauf geachtet, dass eigentlich ständig etwas blüht – auch im Winter“, erläutert Dr. Schneider. Dann öffnen sich erst die gelben, orange- purpur- und rosafarbenen Blüten der Hamamelis, später Frühblüher wie Huflattich und Krokus. An die Vögel wurde vor allem beim Anlegen der einen Kilometer langen Hecke gedacht. Sie ist nicht nur Rückzugsort und Nistplatz. Die Beeren und Früchte der verschiedenen Sträucher reifen ebenfalls zu unterschiedlichen Zeiten und dienen den Vögeln das ganze Jahr über als willkommene Nahrungsquelle.

Pflege muss sein
Bedeutet „Naturgarten“ also, dass man ihn einfach der Natur überlassen kann und keinerlei Arbeit damit hat? Die Frage lässt Dr. Schneider lächeln. „Es gibt keine Unkräuter, es gibt nur Unmenschen“, zitiert er seinen Biologielehrer, der Unkräuter deshalb immer als Beikräuter bezeichnet hat. „Aber man muss immer auf eine Balance achten, damit wuchsfreudige Pflanzen die zarteren nicht verdrängen.“ Ein naturnaher Garten – zumal wenn er nach dem Feng-Shui-Prinzip angelegt ist – bedeutet also nicht, in den Beeten jeden Wildwuchs zuzulassen. Im Feng Shui ist regelmäßige Pflege sogar essenziell. Sie zeigt Wertschätzung und stärkt die Energie, während Unkraut und tote Pflanzen den Qi-Fluss blockieren. Der Unternehmensmitgründer Kurt L. Nübling hat jahrzehntelang umfangreiche Feng-Shui-Ausbildungen in aller Welt absolviert und sein ganzes Wissen in die Gestaltung eingebracht.
Primavera beschäftigt fünf Gärtner, die mit Bedacht und dem Blick aufs große Ganze den Garten hegen und pflegen. Der verantwortungsvolle Umgang mit der Natur ist der Kern der nachhaltigen Philosophie, die bei Primavera das gesamte Denken und Handeln prägt. „Unser Anliegen war und ist es, die Natur mit ihrer Vielfalt und Ursprünglichkeit zu erhalten und das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur mit unseren Produkten spür- und erlebbar zu machen“, betont der Geschäftsführer Kurt L. Nübling. „Denn in einer schnell drehenden Welt ist es wichtig, gut geerdet zu bleiben.“ Und wo ginge das besser als in einem von Leben überschäumenden Garten?
Feng Shui im Garten
Feng Shui ist ein 5000 Jahre altes Erfahrungswissen über die Gesetzmäßigkeiten der Natur. Die Lebensenergie, genannt Qi, wird durch Formen, Pflanzen, Mineralien – wie unterschiedliche Steine – in Harmonie gebracht. So werden dann auch im Leben der Menschen Gesundheit, Wohlbefinden, Glück, Erfolg und Harmonie gefördert. Gegensätze wie Schatten (Yin) und Licht (Yang) kommen in Einklang. Die fünf Elemente Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall werden ebenfalls stimmig einbezogen und kommen in Balance. Wenn man sich um die Natur sorgt und sie respektiert, dann unterstützt uns Menschen auch die Natur. Auf dieser Denkweise basieren die folgenden Gestaltungstipps:
- Sanft geschwungene Wege unterstützt den natürlichen Energiefluss besser als gerade verlaufende Linien.
- Ruhige Rückzugsorte mit lauschigen Sitzplätzen und Pavillons laden ein, Qi zu sammeln.
- Keines des fünf Elemente sollte dominieren. Holz steht für Wachstum, es gelangt durch Bäume, Sträucher und Holzdekorationen in den Garten. Feuerstellen, gelb-orange Blumen und Lichter bringen Feuer und damit Energie. Das Element Erde steht für Stabilität und wird durch Steine, Erdhügel und Tonvasen erreicht. Das Element Metall, das für Klarheit steht, wird mit Metallskulpturen und Windspielen vermittelt, ebenso durch weiße und goldene Farben und Farbtöne. Das Element Wasser steht für Beweglichkeit und – im übertragenen Sinn – für den Lauf des Lebens. Zivilisation entsteht stets in der Nähe von Wasser. Sanft fließende Wasserläufe, Teiche und Brunnen mit Wasserspielen und Durchfluss symbolisieren daher im Feng Shui Wasser, wobei stehende Gewässer nicht gemeint sind.
Den kompletten, ausführlichen Beitrag mit vielen wissenswerten Hintergundinformationen lesen Sie in unserem Magazin natürlich gesund und munter 05/2025
Fotos: Primavera Life GmbH; natürlich gesund und munter