string(99) "assets/images/2/218942028_picture-alliance_Marcella-Winograd_Cover-Images_beab_600x600-9f564516.jpg"

Die Entdeckung der Achtsamkeit

Ein Virus hat uns klargemacht, wie zerbrechlich unser gewohntes Dasein ist – und wie schnell wir etwas verändern können. Das gibt uns die Chance herauszufinden, wie viel Begegnung wir brauchen und was unser Leben reich macht: mehr Zeit für uns selbst und für unsere Lieben.

Ein winziger Erreger hat die ganze Welt erschüttert – und damit unseren persönlichen Mikrokosmos. Doch wie jeder Schock und jede Notsituation birgt auch die Zeit mit dem Corona-Virus die Gelegenheit zum Perspektivwechsel. Die „neue Normalität“ verlangt von uns mehr Achtsamkeit und kann einen nachhaltigen Prozess der Selbstwahrnehmung anstoßen. Wie bei allen Einschnitten im Leben drängen sich elementare Fragen auf: Lebe ich mein Leben so, wie ich es leben möchte? Sorge ich genügend für mich? Kenne und nutze ich meine Kraftquellen? Gebe ich genügend Acht auf die Menschen, die ich liebe und denen ich vertraue? Gibt mir das, was ich tue, ein Gefühl von Sinnhaftigkeit und Authen­tizität? Nehme ich mir ausreichend Zeit, um zu genießen? Glaube ich an meine Fähigkeiten? Kann ich mir das Vertrauen in die Zukunft bewahren?

 

 

Stille Wasser: Jetzt zählen ihre Stärken  
Eine weitere Frage drängt sich auf, weil es sich in dieser Krise weiterhin empfiehlt, zu anderen Menschen Abstand zu halten und physische Kontakte zu beschrän­ken. Diese wichtige Frage lautet: Wie viel Zusammensein mit anderen brauche ich für meine seelische Vitalität?

Klar, wir alle sind auf das Gefühl von Verbundenheit, Zuspruch und Nähe angewiesen – besonders in Zeiten der Unsicherheit. Allerdings gibt es kein allgemein­gültiges „gesundes“ Quantum an Miteinander. Während Introvertierte das heruntergefahrene öffentliche Leben als wohltuende Entschleunigung erfahren haben, bedeu­tete und bedeutet bis heute für viele Extrover­tierte die erzwungene Zurückhaltung einen schier unerträglichen Verzicht.

Ob man zum introvertierten oder zum extrovertierten Typ gehört – diese Persönlichkeitseigenschaft sucht man sich nicht aus. Sie ist angeboren und nur in engen Grenzen veränderbar. Entscheidend ist deshalb, sich in seinen jeweiligen Wesenszügen beheimatet zu fühlen.

„Viele Introvertierte, mit denen ich in den letzten Jahren gearbeitet habe, sind mit der Frage ,Was stimmt mit mir nicht?‘ zu mir gekommen“, erzählt Dr. Sylvia Löhken, Expertin für intro- und extrovertierte Kommunikation. Eher introvertierte Menschen, denen Ruhe und Alleinsein mehr geben als lockere Geselligkeit oder gar Festzelttrubel, wirken in unserer eitlen, marktschreierischen und verdichteten (Medien-)Welt oft blass, melancholisch, distanziert oder gar desinteressiert. „Leise Menschen“, die nach C. G. Jung ihre psychische Energie nach innen richten, sind nicht nur auf weniger externe Reize angewiesen, sie müssen sich sogar gegen ein Zuviel abschirmen. Sie brauchen den Rückzug einerseits zum Auftanken und andererseits, um ihre kreativen Seiten leben zu können. Das gibt ihnen genau jetzt die Chance, ein neues (Selbst-)Bewusstsein zu entwickeln, indem sie ihre Unabhängigkeit von äußeren Impulsen erkennen und wertschätzen und in Zukunft mehr und mehr wagen, Geselligkeiten und Events, die ihnen wenig geben, eine Absage zu erteilen – ohne sich „sonderbar“ zu fühlen.

Die persönlich zuträgliche Dosis an Außenimpulsen sollten allerdings auch Extrovertierte immer wieder ausloten. Für sie sind die durch die Pandemie aus­gebremsten Geselligkeiten und reduzierten Reisemöglichkeiten eine weitaus größere Herausforderung als für ihre stillen Zeitgenossen. Nicht allein, weil Extrovertierte aktive, zupackende Menschen sind, die praktische Probleme normalerweise oft im Handumdrehen lösen können. Sie sind auf Unterhaltung, Anregung und Abwechslung bei Treffen mit Familie, Freunden oder Nachbarn, in Theatern, Clubs, Cafés, auf Partys, am Strand oder auch in Ehrenämtern angewiesen. Das ist Erholung für sie, nur so können sie neue Energie tanken und ihre Akkus wieder aufladen.  

 

Den vollständigen Beitrag finden Sie in Ausgabe 5/2020

Weitere Aspekte in diesem Beitrag:

  • Mehr innere Ruhe finden
  • Persönlichen Wohlstand neu denken
  • "Lerne Dich zu freuen!"

Foto: picture alliance / Marcella Winograd Cover Images