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Selbstgespräche sind gesund

Die meisten kennen es: mal murmelt man im Supermarkt vor sich hin, ein anderes Mal denkt man bei der Arbeit laut über die zu lösende Aufgabe nach oder man bespricht im Single-Urlaub die weitere Planung mit sich selbst. All diese Selbstgespräche wirken von außen betrachtet seltsam, sie haben jedoch einen wichtigen Zweck: sie geben uns Halt und Orientierung und entlasten bei Stress. Wer sich darüber bewusst ist, kann den Dialog mit sich selbst gezielt nutzen.

Selbstgespräche sind normal

CC0 / Pezibear / pixabay

Zwischen zwei und vier Jahren plappern Kinder munter drauflos, dabei sprechen Sie auch viel mit sich selbst. Sie verbalisieren so die Ereignisse des Tages und können sich damit auch ein Stück weit beruhigen. Nach dem fünften Lebensjahr verlagern sich solche Selbstgespräche immer mehr nach innen und werden anschließend meistens nur noch gedacht.
Obwohl es den meisten kaum bewusst ist, befindet man sich permanent im inneren Zwiegespräch.
Die innere Stimme kommentiert ununterbrochen die eigenen Wahrnehmungen und Handlungen. Wenn man diese Kommentare zu sich selbst jedoch laut ausspricht und bemerkt, kommt es einem oft sonderbar vor. Und wenn man anderen Erwachsenen begegnet, die laut mit sich selbst reden, denkt man nicht selten an spleenige Verschrobenheit und belächelt dies.
Doch Selbstgespräche sind vollkommen normal und haben ihren Sinn und Zweck, und es gibt überhaupt keinen Grund, diese zu verbergen. Wenn man weiß, in welchen Situationen man mit sich selbst redet, um sich zu motivieren, zu strukturieren, zu sammeln, zu konzentrieren oder zu beruhigen, kann man diese sogar gezielt für sich nutzen.

In welchen Situationen spricht man mit sich selbst?

CC0 / Klimkin / pixabay

Selbstgespräche scheinen laut Forschungen der Selbstregulierung zu dienen. Menschen, die Selbstgespräche führen, sind meist introvertierter und fokussierter auf sich selbst, aber auch impulsive Charaktere reden mehr mit sich selbst als kontrollierte Menschen. Viele Personen, die dies regelmäßig tun, sind außerdem gewissenhafter und haben ein höheres Kognitionsbedürfnis, das heißt, sie bilden sich ihre Meinung vorwiegend durch inneres Abwägen von Argumenten, nicht durch äußere Einflüsse. Laut Forschungen sprechen auch erwachsene Einzelkinder wesentlich häufiger mit sich selbst als Geschwisterkinder. Und Personen, die oft alleine sind, tun dies anscheinend unbewusst, um mangelnde soziale Beziehungen damit zu kompensieren. Sind Menschen in einem schwierigen Umfeld aufgewachsen, neigen sie allerdings eher zu negativen Selbstgesprächen, wobei sie sich oft abwerten.

In folgenden Situationen werden Selbstgespräche besonders oft eingesetzt:

  • Zur Konzentration: Wenn man beispielsweise ein Regal aufbaut oder ein Kochrezept ausprobiert murmelt man vor sich hin, um die nächsten Schritte zu planen. Studien zeigten, dass Menschen, die Selbstgespräche dabei führten, deutlich strukturierter und konzentrierter zu Werke gingen.

  • Zur Motivation: Hat man mitten in einer anstrengenden Arbeit einen Durchhänger oder ist mitten in der Radtour an einem zähen Aufstieg, können an sich selbst gerichtete Worte wie „Du schaffst das! Du hältst das super durch“ sehr motivierend wirken. Auch wenn man krank ist, können ermunternde Worte zu sich selbst heilenden Charakter haben, ähnlich wie bei der Autosuggestion.

  • Als Selbstkritik: Hat man Fehler gemacht, schimpft man oft laut über sich selbst und seufzt „Oh, ich Idiot!“, zum Beispiel wenn man aus Unachtsamkeit bei der Arbeit etwas falsch gemacht oder etwas vergessen hat. Aber auch, wenn man Mitmenschen unfair behandelt hat.

  • Um soziale Interaktionen durchzuspielen: Wenn man sich beispielsweise auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet, hilft ein Selbstgespräch dabei, sich vorab zu strukturieren und zu sortieren. Übungen dieser Art steigern die Selbstsicherheit.

Wie man Selbstgespräche gezielt nutzen kann

Psychologen empfehlen, ein regelmäßiges „Selbstgespräch mit der Seele“ an einem ruhigen Ort zu führen. Besonders effektiv soll dieses sein, wenn man dabei in der dritten Person von sich spricht. In dieser Form hat man mehr Abstand zu seinen Erlebnissen und kann seine Gefühle objektiver betrachten.
Es lohnt sich daher, den reinigenden Effekt von Selbstgesprächen einmal auszuprobieren, ganz besonders in folgenden Situationen:

Wann Selbstgespräche weiterhelfen:

Zur Entscheidungshilfe: Steht man vor einer schwierigen Entscheidung, kann man sich einen „Entscheidungshelfer“ vorstellen, der das Pro und Contra kennt, und in einem Selbstgespräch die Fakten nochmals klar erläutert. Ausgesprochen könnte dies so lauten: “ XY (eigener Vorname) hat folgende Optionen: wenn XY sich für Option 1 entscheidet, ändert sich danach…… Bei Option 2 würde es so aussehen….“.

Bei Herausforderungen: Positive und mit Bedacht ausgewählte Worte können in problematischen Lebenssituationen Mut machen und motivieren, zum Beispiel: „XY weiß, dass sie/er das schafft! Sie/er hat schon ganz andere Herausforderungen im Leben gemeistert!“

Im Gedankenkarussell: Wenn man endlos grübelt und sich die Gedanken im Kreis drehen, können laute Selbstgespräche entlasten und für mehr Klarheit sorgen. Denn beim Sprechen wird das Denken in Bahnen geleitet und verliert sich nicht in Details, sondern bleibt beim Wesentlichen. Auch ein weiterer imaginärer Gesprächspartner, der Fragen stellt, kann hier sinnvoll sein.

Wenn man emotional aufgewühlt ist: Selbstgespräche können wie ein Ventil für Emotionen sein, vor allem, wenn diese belastend sind. Das laute Artikulieren hat eine regenerierende, befreiende Wirkung auf die Psyche. Außerdem tragen ausgesprochene Gedanken dazu bei, sich der eigenen Gefühle bewusster zu werden. Dafür verwendet man am besten die Ich-Form, zum Beispiel: „Es macht mich so traurig, dass……“ und weiter: „Warum macht mich das traurig…?“

Zur Ideenfindung: Bei einer schwierigen Problematik sollte man sich zuerst die Frage nach den Ursachen stellen. Erst so lassen sich effektive Lösungen finden. Konfrontiert man sich dann in der dritten Person mit mehreren Fragen wie „Warum ist das ein Problem für XY? Wo sieht XY die Ursachen?“ bekommt man schneller neue Ideen, als wenn man nur darüber nachdenkt.

Wenn man sich etwas merken muss: Lernstoff kann man sich meist besser einprägen, wenn man ihn laut liest. Noch besser geht das, wenn man sich während des Vorlesens laute Fragen stellt, als ob man es einer dritten Person erklären müsste. Zum Beispiel:“ XY, was versteht man genau unter... Kannst Du mir das verständlich erklären?“. Auch Fremdsprachen lernt man eingängiger, wenn man Selbstgespräche in dieser Sprache führt und sich imaginäre Situationen vorstellt.

Text: Monika Hopfensitz
Titelbild: CC0 / Freepik