Schwarze Tollkirsche

All ihre Pflanzenteile sind hochgiftig, doch in geringen Dosen entfaltet die Tollkirsche große Heilkraft.
Ebenso faszinierend wie furchteinflößend ist Atropa belladonna. Denn so hübsch ihre glockenförmigen Blüten auch aussehen und wie süß und saftig ihre schwarz glänzenden Beeren auch schmecken: Alle Teile der Tollkirsche, die im Halbdunkel von Waldwegen oder Waldlichtungen gedeiht, sind hochgiftig. Bei Kindern gelten bereits drei bis fünf Beeren als letale Dosis, bei Erwachsenen zehn bis 20 der kirschgroßen Früchte. Bereits in geringer Dosis wirken ihre Inhaltsstoffe psychoaktiv. So hat man unter anderem nach der Einnahme einer nicht toxischen Menge eines Tollkirschenauszuges das Gefühl, fliegen zu können.
Die berühmten Hexensalben des Spätmittelalters enthielten deshalb neben weiteren Substanzen ziemlich sicher auch Tollkirschenextrakt. Und noch heute kursieren im Internet wahrlich gefährliche Rezepturen mit Belladonna, die eine halluzinogene Wirkung versprechen.
Sprechende Namen
- Mörderbeere, Taumelstrauch, Teufels- und Hexenbeere oder Todeskraut – viele volkstümliche Namen der Tollkirsche verweisen auf ihre Giftigkeit, „Toll“ bezieht sich auf die durch die Einnahme von Pflanzenteilen hervorgerufenen Erregungszustände und Tobsuchtsanfälle. Der Wortteil „Kirsche“ referiert auf die süßen und schmackhaften kirschgroßen Früchte des Nachtschattengewächses.
- Atropa leitet sich von Atropos ab, der Todesgöttin der griechischen Mythologie. Sie schnitt als älteste der drei Parzen den Lebensfaden ab.
- Belladonna heißt übersetzt „schöne Frau“. Früher tropfte man sich Tollkirschsaft in die Augen, um die Pupillen zu erweitern – das galt in vielen Kulturen als Schönheitsideal.
Atropin lässt die Muskeln erschlaffen
Die Tollkirsche gehört zu den giftigsten Gewächsen unserer Flora – bei richtiger Dosierung hat ihr Hauptwirkstoff Atropin aber ein spezifisches Heilspektrum. 1833 gelang es dem Apotheker Heinrich F. G. Mein erstmals, dieses Alkaloid zu isolieren. Es bewirkt über das vegetative Nervensystem, dass die glatte Muskulatur erschlafft, und wird zum Beispiel bei Magen-Darm-Krämpfen, bestimmten Herzrhythmusstörungen und Vergiftungen, aber auch zur Pupillenerweiterung vor Augenuntersuchungen eingesetzt.
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Akutmittel der Homöopathie
In der Homöopathie ist Belladonna ein Hauptmittel bei akuten Beschwerden, die plötzlich auftreten und mit den typischen Entzündungszeichen Hitze, Röte, Schwellung, Schmerz und Funktionseinschränkung einhergehen. Belladonna D12 gehört deshalb in jede homöopathische Reiseapotheke. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielseitig, angefangen bei Sonnenbrand mit knallroter, berührungsempfindlicher Haut und brennenden Schmerzen, über Sonnenstich und Kopfschmerzen bis zum grippalen Infekt mit Fieber und Augenentzündungen.
In der Anthroposophischen Medizin kommt Tollkirsche zusammen mit Bienengift zum Einsatz. Apis/Belladonna cum Mercurio Globuli velati von Wala lindern Mandelentzündungen und Aphten und beruhigen gerötete und geschwollene Schleimhäute im Mund- und Rachenraum.
/ Dr. Manfred Kohlhase
Diesen Beitrag finden Sie in unserem Magazin natürlich gesund und munter 05/2025
Fotos: NoName13 / Pixabay; Rawpixel.com / shutterstock.com

Die Sprache der Heilpflanzen
Die hier zusammengestellten 45 Heilpflanzenporträts knüpfen an die Signaturenlehre des Arztes und Apothekers Paracelsus an und beziehen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit ein. In der Signaturenlehre wird vom Äußeren auf das Innere, und damit auf das Wesen und die Wirkung der Heilpflanze geschlossen. Ähnlichkeiten mit Organen, ungewöhnliche Wuchseigenschaften oder die Blütenfarbe lassen somit auf die zu erwartenden Heilkräfte schließen.